Donnerstag, 26. September 2013

Durchgefallen - Timur Vermes "Er ist wieder da"



Er ist wieder da, dass ist der Debütroman des Journalisten und Schriftstellers Timur Vermes. Der Roman erschien 2012 beim Kölner Eichborn Verlag und ist eine Satire, in der Adolf Hitler im Jahre 2011 mitten in Berlin wieder ins geschäftige Leben zurückkehrt und für Gesprächsstoff sorgt. Satire - so wirbt der Verlag bzw. einige Literaturkritiker.
 
 
 
 
Worum geht es genau?
Es beginnt damit, dass Adolf mitten in Berlin auf einer Wiese erwacht und verwirrt und orientierungslos immer noch glaubt, dass Krieg herrsche. Relativ schnell stellt er fest, dass er sich im Jahr 2011 aufhält und einen unerklärlichen Zeitsprung vollzogen hat. An einem Kiosk kommt er mit dem Inhaber ins Gespräch und dann nimmt alles seinen Lauf....
Der Kioskbesitzer glaubt, dass er einen Schauspieler vor sich habe, einen ähnlichen wie Stromberg und greift ihm erst einmal hilfreich unter die Arme. Versorgt ihn mit Kleidung, besorgt ihm eine Unterkunft und macht Adolf mit zwei Mitarbeitern der Agentur Flashlights bekannt. Adolf wird für eine Comedy-Show engagiert. Wo auch immer sich der Ich-Erzähler, der Protagonist Adolf aufhält, spult er seine Propaganda ab und zieht sie durch. Sein Publikum, die Mitarbeiter von Flahlights sind jedoch so unreflektiert, um zu begreifen und zu erkennen, dass Adolf keinen Spaß macht und seine unpassenden Äußerungen tatsächlich todernst so meint und so auch vertritt.  
Adolf lernt im Laufe der Story mit Internet, Fernsehen und Telefon (Smartphone) umzugehen und glaubt von Anbeginn an den großen Sieg.
Letztlich bekommt er einen Personalausweis, ein amtliches Dokument seiner Existenz, bezieht eine Wohnung im Prenzlauer Berg, wird verhauen und will ein Buch schreiben. Und, und, und.
 
Meine Wahrnehmung, meine Meinung zu diesem Buch ist ambivalent. Das Buch wurde enorm gefeiert und gepriesen. Und auch aus diesem Grunde, wollte ich mir auch ein Urteil darüber bilden. Ich persönlich finde den Umgang mit der Hauptfigur sehr schwierig und unangemessen. Der Protagonist wirkt wie ein Kasper. Timur Vermes lässt sich dazu hinreißen, Adolf Hitler als lustigen Gesellen darzustellen und das wirkt letztendlich verharmlosend und entspricht nicht der historischen Vergangenheit. Das Buch brüstet sich unter der Überschrift "Klamauk", der allein darauf basiert, dass der Führer sein Vokabular auf unser Hier und Jetzt anwendet.
 
Zeitweise wird es recht gruselig, wenn seitenlange Monologe der Hauptfigur gelesen werden müssen und sollen, um mit dem Buch voranzukommen. Themen sind seine Propaganda und Weltansicht anno 1933-42. Er ist wieder da soll Satire sein. Für mich läuft der Roman aber Gefahr, die geschichtlichen Fakten verblassen zu lassen und zu verharmlosen.

Dienstag, 24. September 2013

Was lese ich gerade?

Clemens Meyer "Im Stein"
 
"Clemens Meyer"/ Herbert Volkmann
Worum geht´s?
Clemens Meyer schreibt in seinem großen Roman von den Menschen, den Nachtgestalten, von ihrem Aufstieg und Fall, vom Schmutz der Straße und dem Fluss des Geldes. Prostituierte, Engel und Geschäftsmänner kämpfen um Geld und Macht und ihre Träume.

Wie bin ich darauf gekommen?
Ohne Frage, zähle ich mich zum größten Clemens Meyer-Fan schlechthin. Deshalb musste ich auch nicht lang überlegen, als durch Funk und Presse die Nachricht ging, dass Clemens Meyer seinen neuen Roman Im Stein veröffentlicht hat.
 
 
 
 
 

Montag, 23. September 2013

Samstag, 21. September 2013

Vorhersage - al dente 24.09.2013

 
 
Und wieder heißt es am 24.09.2013 ab 18:00 Uhr: "Ein herzliches Hallo zur al dente Sendung - dem etwas anderen Literaturmagazin auf Radio Blau".
 
Inhaltlich bewegen wir uns am Dienstag von Hirngespinsten im Drogenrausch über/bis/zu Sonnengöttern. Seid gespannt und schaltet ein.
 


 



Freitag, 20. September 2013

Marcel Reich-Ranicki - wir nehmen Abschied

Der deutsche Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, der den beinamen Literturpapst inne hatte, ist am 18. September 2013 verstorben. Er wurde berühmt durch seine scharfen, lebhaften und hitzigen Debatten im Fernsehen (Das literarische Kaffeehaus, Das literarische Quartett, Reich-Ranicki Solo, Lauter schwierige Patienten) und der Kritik an deutscher Gegenwartsliteratur.
 
 
Seine Memoiren Mein Leben, in denen der Holocaust-Überlebende seine Verfolgung durch die Nazis verarbeitete, waren ein Bestseller.
Zur Erinnerung an den Verstorbenen zeigt die ARD heute am Freitag, den 20.09.2013 um 22 Uhr den Fernsehfilm "Mein Leben" von 2009. In Rückblenden werden seine ersten 40 Jahre erzählt: die Schulzeit in Berlin, die Deportation nach Polen, das Leben im Ghetto, die Zeit im Untergrund, bis zur Rückkehr nach Deutschland in den 1950er Jahren.
 
 
 
 
 
Unvergessen natürlich auch der Streit zwischen Marcel Reih-Ranicki und Sigrid Löffler.
 




Donnerstag, 19. September 2013

Tatjana Soskovic ...die Zweite...

Ich hatte euch vor ein paar Wochen von meiner Entdeckung in einer Dokumentation erzählt. Tatjana Soskivic, die Raverin, die allem den Rücken kehrte und Autorin wurde.
 
Sehr erfreut bin ich darüber, dass die zwei bestellten Bücher angekommen sind.Was sich inhaltlich abspielt, kann ich euch noch nicht sagen. Aber auf jeden Fall werden die beiden Heftchen dieses Jahr noch gelesen und hier vorgestellt.
 

Mittwoch, 18. September 2013

Buch der Woche

Das grössere Glück
Richard Powers
 
Sind wir unseres Glückes eigener Schmied und können unser Leben selbst vervollkommnen, oder ist doch allein die Biochemie am Werk? Das Streben nach Glück ist das zentrale Element im Leben eines jeden - die amerikanische Unabhängigkeitserklärung fixiert es gar als humanes Grundrecht. Was können wir tun, um diesem Lebensziel ein Stück näher zu kommen? Philosophen, Psychologen und viele andere versuchen sich an Antworten.
 
 
Das Streben nach Glück ist so alt wie die Menschheit. Schon der römische Dichter und Staatsmann Seneca sagte im ersten Jahrhundert: wir alle Streben nach Glück und einem erfüllten Leben. Auch Aristoteles betrieb  Glücksforschung und  in unserer heutigen Zeit tun es vor allem Genomforscher.
 
Anfang des Jahres 2009 sorgten britische Wissenschaftler für Wirbel, als sie aufs Neue das „Glücksgen“ entdeckt haben wollten. Das Glücksgen 5-HTTLPR. Wer eine bestimmte Form des Gens 5-HTTLPR in sich trägt, sollte mehreren Studien zufolge eher dazu neigen, die guten Seiten im Leben zu sehen und unter Stress ausgeglichener zu bleiben – Träger anderer Erbgutvarianten seien dagegen anfälliger für Depressionen. Doch amerikanische Wissenschaftler konnten Ende 2009 in der bisher größten Analyse diesen Zusammenhang nicht bestätigen.
 
Zeitgleich zur damaligen Diskussion, ob es nun ein Glücksgen gibt oder nicht, brachte Richard Powers seinen Roman Das grössere Glück heraus, der uns in allen Glücksgen-Fragen auf den neuesten Stand bringt.
 
Im Zentrum des Romans steht die interessante Frage, warum Menschen, die in einer objektiv schlechten Lage sind, sich trotzdem glücklich fühlen können. Das Zufriedenheitspardox. Dem gegenüber stellt Richard Powers das Unzufriedenheitsdilemma, einem weiteren rätselhaften Zustand, nämlich dem, dass Menschen sich unter objektiv guten Bedingungen dennoch zutiefst elend fühlen können.
 
Die beiden Gemütsverfassungen werden im Buch Das grössere Glück anhand von zwei Charakteren dargestellt. Russel Stone ist ein zur Melancholie neigender Durchschnittsamerikaner, dem sein anfänglicher Erfolg als Schriftsteller suspekt geworden ist, weshalb er sich nun als Internetredakteur und Dozent für Kreatives Schreiben an einer drittklassigen Hochschule in Chicago durchschlägt. Und auf der anderen Seite ist da eine junge Frau aus Algerien, Thassadit Amzwar, die  zu Semesterbeginn in Russels Kurs auftaucht.  Thassadit Amzwar fasziniert Lehrer wie Kommilitonen gleichermaßen. Denn obwohl sie vor ihrer Flucht nach Amerika in Algerien einen grausamen Bürgerkrieg erlebte, bei dem ihre halbe Familie ums Leben kam, darunter ihr Vater, hat die Studentin  ein irritierend heiteres und freundliches Wesen.
 
Ob die Berberin nun tatsächlich von Euphorie erfüllt ist oder sie sich das nur einbildet – und wenn ja, warum –, diese Frage beschäftigen bald nicht mehr nur Lehrer und Freunde, sondern auch Wissenschaftler, Reporter und Blogger, Ärzte, Politiker und dank des Internets irgendwann die ganze Welt.  Ein Forscher mit börsennotiertem Genlabor, der unschwer als Craig Venter zu erkennen ist, diagnostiziert bei Thassadit „Hyperthymie“, ein genetisch bedingtes Glücklichsein, das dauerhafte Lebenslust auslöst.
 
Richard Powers fragt sich bzw. schickt dem Leser die Fragestellungen: Wie viele solcher überschäumenden Gefühle kann man haben? Und wie glücklich darf man überhaupt sein, ohne andere gegen sich aufzubringen? Im Laufe des Romans ändert sich das Blatt der glücklichen Algerierin.  Fernsehen und Internet greifen ihre Geschichte auf und stricken in beispielloser Hysterie eine Medienstory daraus.  Erst als Heilige gepriesen, wird Thassadit Amzwar bald von Bloggern als geldgierig verteufelt.  Am Ende bleibt ihr nur die Flucht.
 
Das größere Glück, Richard Powers, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009. 432 S., ISBN-13: 978-3100590244