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Freitag, 31. Januar 2014

Buch der Woche

Der Hundertjährige der aus dem Fenster sieg und verschwand
Jonas Jonasson


In den 1970er-Jahren dachte man, dass Alterungsprozesse und das erreichbare Lebensalter im Wesentlichen genetisch festgelegt sind. Ob man lange rüstig und aktiv sein kann oder schnell degeneriert, wäre demnach eine Frage der Gene – und damit Schicksal. Diese Ansicht hat sich deutlich verändert. Heute gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich nur rund 30 Prozent des Alterungsprozesses auf genetische Faktoren zurückführen lassen. 70 Prozent werden indes durch unsere Lebensweise beeinflusst. Dazu passt die Beobachtung von der japanischen Insel Okinawa. Dort werden die Menschen so alt wie sonst nirgendwo auf der Welt. Man hat festgestellt, dass die Menschen auf Okinawa von Kindesbeinen an lernen, sich niemals zu überessen. Es bleiben immer rund 30 Prozent des Magens ungefüllt. Die Art der Ernährung scheint also ein wesentlicher Aspekt dieses Älterwerdens zu sein. Entscheidend ist aber die Botschaft: Es liegt durch unsere Lebensweise zum größten Teil in unserer eigenen Hand, wie wir älter werden.

Fünf Dinge sind wirklich essenziell für ein langes und gesundes Leben: Ernährung,  Bewegung, Regeneration, Entgiftung sowie insbesondere Stressmanagement und Lebensfreude.

Da hat Allen Karlsson anscheinend alles richtig gemacht.

Allan Karlsson ist die Hauptperson in Jonas Jonasson`s Roman „Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand“. Allen Karlsson blickt auf ein sehr ereignisreiches Leben zurück. Er ist weit herum gekommen in der Welt, hat, obwohl gar nicht an Politik interessiert, einige wichtige politische Persönlichkeiten getroffen. Doch jetzt soll er seinen 100. Geburtstag im Altersheim verbringen, wo allerlei merkwürdige Verbote gelten. Da Allan sich allerdings sowohl körperlich als auch geistig noch recht fit und gar keine Lust auf die Geburtstagsparty hat, steigt er kurzerhand aus seinem Fenster und macht sich auf den Weg zu Bahnhof. Dort stielt er einem jungen Mann seinen Koffer, der ganz zufällig keine Wechselkleidung, sondern 50 Millionen illegales Geld, enthält. Mit seinen neu gewonnen Freunden stürzt Allan sich in ein Abenteuer.

Der Roman spielt in der Gegenwart, springt jedoch immer wieder in die Vergangenheit zurück und schildert chronologisch Allans bisheriges Leben.

Allen Karlsson der Jahrhundertzeugen, der wider Willen in sämtliche wichtigen politischen Ereignisse verwickelt wird und es dennoch schafft, sich aus allem herauszuhalten, kann vielen gewissenhaft rezensierten Werken der Gegenwartsliteratur das Wasser reichen - oder besser: den Wodka.

Denn wie man es bei einem so durch und durch schwedischen Epos erwarten darf, wird hier ordentlich getrunken und gern darüber geredet. Vor Leuten, die nicht trinken, solle er sich in Acht nehmen, hat der Romanheld Allan Karlsson von seinem Vater gelernt, der in Russland vom Sozialisten zum Zarenverehrer mutierte und bei der Verteidigung seines zehn Quadratmeter großen, zur "unabhängigen Republik" erklärten Privatgrundstücks von Lenins Soldaten erschossen wurde. Dieser Lebenslauf en miniature bildet das Prinzip der gesamten Erzählung ab: Ideologien werden als lächerliche Konstrukte entlarvt, und die Tragik des kleinen Mannes wird mit der Komik des weltpolitischen Geschehens verflochten. Als Lebensmotto taugt, wie sich herausstellt, einzig der Satz, den Allans Mutter sprach, als sie vom Tod ihres Gatten erfuhr: "Es ist, wie es ist, und es kommt, wie es kommt." Das heißt freilich nicht, dass das, was ist und was kommt, keinen Spaß machen darf.

Der Schreibstil des Romans ist sehr locker gehalten und mit Witz geschrieben. Während des Lesens musste ich viel lachen und schmunzeln. Die Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit finde ich sehr passend. Somit bekommt man einen Überblick über wichtige Krisen der letzten hundert Jahre, die allerdings übertrieben dargestellt sind.

Ein gelungenes Buch.

Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand, Jonas Jonasson, 416 Seiten, carl's books- Verlag, ISBN-10: 3570585018

Donnerstag, 23. Januar 2014

Buch der Woche

Ente, Tod und Tulpe
Wolf Erlbruch

Ein Thema das in unserer westlichen Kultur angstbesetzt ist. Der Tod.
 
Irgendwann stellt jedoch jedes Kind die Frage nach dem Tod. Ganz unbefangen. Ebenso wie Kinder das Leben neugierig entdecken, stoßen sie auf das Sterben und erwarten und benötigen ehrliche Antworten. Alle Eltern wissen das und haben selten eine unbefangene Antwort parat. Dass es nicht immer leicht ist, sich diesen Fragen in einem Bereich, der uns selbst verunsichert und an Grenzen stoßen lässt, zu stellen, ist verständlich. Um Kinder mit ihren Fragen und ihrer Trauer jedoch nicht allein zu lassen, ist es umso wichtiger, auf diese einzugehen, Gefühle (mit-)zuteilen und zu begleiten.
 
In Wolf Erlbruchs "Ente, Tod und Tulpe" ist der Tod ein leichtfüßiger Begleiter, schon immer da, man merkt's nur nicht und eine hervorragende Lektüre, um sich dem Thema anzunähern. Wolf Erlbruch erzählt eine Geschichte vom Sterben, die für Kinder und Erwachsene je eigene Rezeptionsmöglichkeiten bereithält. Es wird eine einfache, auf zwei Figuren reduzierte Geschichte erzählt.
 
Eines Tages merkt die Ente, dass sie nicht allein ist: der Tod ist bei ihr. Er folgt ihr auf Schritt und Tritt, er behauptet sogar, schon ihr ganzes Leben bei ihr zu sein. Die Ente bekommt gehörigen Schreck. Aber dann spricht sie mit dem Tod, er erklärt ihr, wer er ist, und es stellt sich heraus: eigentlich ist er ganz nett. Er kommt auch nicht, um sie tot zu machen, denn „dafür sorgt schon das Leben“. Die beiden tun zusammen Entendinge, sie schwimmen, wärmen sich nachts und unterhalten sich darüber, wie die Ente sich das Totsein vorstellt. Und sie machen noch etwas Aufregendes. Und schließlich endet es, wie es enden muss, wenn der Tod einen schon eine Weile begleitet. Aber irgendwie ist das nicht mehr so schlimm.
 
Das Buch gibt keine Antworten und stellt keine Behauptungen auf, es folgt keiner Religion und fabuliert nicht irgendwelche Tröstlichkeiten herbei. Wir wissen hinterher immer noch nicht, ob die Ente in einen Entenhimmel kommt oder was mit ihr passiert. Aber der Tod ist der Ente zu einem Freund geworden, er ist die ganze Zeit bei ihr, er begleitet sie, spricht mit ihr, er hat sogar Humor, und am Ende schenkt er ihr seine Tulpe – die außer im Titel übrigens ausschließlich auf einigen Bildern auftaucht. Im Text wird sie kein einziges Mal erwähnt. Und die Bilder von Wolf Erlbruch sind mal wieder, wie die Bilder von Wolf Erlbruch eben sind: schlicht und wunderschön und irgendwie berührend.
 
Für Kinder werden die Ente und der Tod Freunde, die sich über das Sterben unterhalten und sich umeinander kümmern. Werden Kinder die bildliche Darstellung des Todes merkwürdig finden? Vermutlich nicht, denn der Tod ist kein Sensenmann, keine gruselige Kapuzengestalt. Der Tod, ein freundlicher Schädel, trägt einen hochgeschlossenen beige-karierten Mantel, der fast ein wenig an einen Schlafrock erinnert, und ein Paar dunkle Pantoffeln und Handschuhe. Außerdem hat er stets eine schwarze Tulpe dabei.
 
Kinder werden fragen, weil sie möglicherweise Sätze wörtlich nehmen: kann der Tod schleichen? Wieso hat die Ente ihn nicht gesehen, wenn er immer da war? Erwachsene verstehen die Bilder, die Erlbruch gefunden hat: der Tod ist nicht größer als die Ente, er passt zu ihr, er ist ihr Tod. Erwachsene die sich immer öfter bei Beerdigungen treffen, wissen plötzlich, das der Tod ihnen näher rückt, und auch für die nicht fassbare Vorstellung, dass die Welt für uns nur da ist, weil wir da sind, gibt es ein Bild: als die Ente ihren Teich von oben sieht, wird ihr ganz komisch, so ist er also, der Teich ohne Ente, einsam. Wenn die Ente zum Schluss den Tod bittet, sie zu wärmen, ihren Tod annimmt, lässt uns das innehalten – und dann blättert man von vorn.
 
Großartig, wie Erlbruch mit minimalen Änderungen in der Haltung und Mimik der Ente ihre Stimmungen sichtbar macht, fröhlich, nachdenklich, schnattrig, verwirrt. Toll die Konzentration auf Ente und Tod. Ein sehr gelungenes Buch.
 
Zum Autor:
Wolf Erlbruch, geboren 1948, studierte Grafik-Design und war als Illustrator in der Werbebranche tätig, bevor er Ende der 80er Jahre begann, Kinderbücher zu schreiben und zu illustrieren. Er ist Professor an der Bergischen Universität Wuppertal. Neben zahlreichen Auszeichnungen erhielt Wolf Erlbruch 2003 den Gutenbergpreis der Stadt Leipzig für sein Gesamtwerk und den Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises. Im Peter Hammer Verlag erschienen u.a.: „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“
Ente, Tod und Tulpe, im Kunstmann Verlag 2010 erschienen.
 

Donnerstag, 7. November 2013

Buch der Woche


Ein philosophischer Gedanke für jeden Tag
Janine Casevecchie


Ein kleines geschmackvoll illustriertes Buch, namens „Ein philosophischer Gedanke für jeden Tag“. Es eignet sich hervorragend als Geschenk oder zum täglichen selberlesen.
 
Vielleicht wollt ihr aus dem stressigen Alltagsgewusel raus, der Routinespirale entfliehen, dann sollte ab heute oder morgen zu Beginn jeden Tages ein philosophischer Gedanke stehen. In diesem Buch findet ihr 365 philosophische Miniaturen, Weisheiten berühmter Dichter und Denker, wie Camus, Platon, Dostojewski, Nietzsche oder Hesse. Eine Fülle von geistreichen Anregungen eröffnet neue Sichtweisen, hilft den Alltag ein wenig leichter zu nehmen und lädt ein zum Blättern und Nachdenken.
 
Erschienen ist das kleine Buch 2010 im Knesebeck-Verlag und ist und bleibt zeitlos. Die Zitate verlieren nicht ihre Gültigkeit und die Seitenlayout-Gestaltung kann auch noch in den nächsten 10 Jahren mithalten.
 
Kurze und kurzweilige Gedankenreisen ins Reich der Philosophie.
 
Ich habe kein wirkliches Lieblingszitat, aber einige Favoriten:
Hoffnung ist die Verwechslung des Wunsches einer Begebenheit mit ihrer Wahrscheinlichkeit. (Schopenhauer, Arthur)
 
Zwischen zu früh und zu spät liegt immer nur ein Augenblick. (Franz Werfel)
 
Der Mensch ist das einzige Wesen, das nicht sein will was es ist. (Albert Camus)
 
 
Ein philosophischer Gedanke für jeden Tag, Janine Casevecchie, 384 Seiten- mit 380 Illustrationen, Erschienen: 10.2010, 14,95 € Knesebeck, ISBN-978-3-86873-181-1

Dienstag, 29. Oktober 2013

Buch der Woche

Im Stein
Clemens Meyer
 

Clemens Meyers neuer Roman ist ein 560 Seiten Klotz und man möge sich bitte nicht von der Seitenzahl abschrecken lassen und sich auf Grund dessen dagegen entscheiden.  „Im Stein“ ist ein Buch über unser Land, die Stadt Leipzig (auch wenn dies namentlich kein einziges Mal erwähnt wird), über die unsichtbare Gegenwart.
 
Es dreht sich alles um Prostituierte, Luden, Wohnungsvermieter, Kunden, Kinder, Hells Angels und Könige der Nacht. Clemens Meyer schreibt über ein Tabuthema, in der sich viele Menschen bewegen, ohne darüber zu sprechen.
 
Im Zentrum stehen die Frauen, die Prostituierten, die keinesfalls als Opfer dastehen. Sie wägen in inneren Monologen, in Selbstgesprächen das Für und Wider ab, verdammen sie, reden sie schön und stellen die Tätigkeiten in jeder Einzelheit dar.  Doch Vorsicht!  Hier werden keine Männerfantasien bedient oder der Akt an sich gar romantisiert. Hier werden Tatsachen beschrieben.
 
In 22 Kapiteln, wechselt pausenlos die Zeit, Szenerien und Figuren. Zeitlich bewegen wir uns und springen auf einer Zeitschiene die von den Neunzigern in die frühen Nullerjahre reicht. Clemens Meyer beleuchtet die Moral der Sexindustrie, die Aufteilung des Marktes in den neuen Bundeländern und der Stadt Leipzig. Aus dem Osten Europas strömen Sexarbeiterinnen nach Sachsen und Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg, aus dem Westen rücken Bordellbonzen an. Der Aufbau Ost auf die harte Tour.  Und immer wieder driftet das Geschehen auch ins Fantastische, Traum-, Albtraum- und Science-Fiction-Hafte.
 
Eine auch sehr wichtige und immer wiederkehrende Romanfigur ist Arnold Kraushaar, der über ein kleines Imperium von Prostituierten-Apartment herrscht. Er kassiert einige Hunderte dieser Wohnungen in seiner Stadt ab, geht noch mal zur Uni und erleidet einige Blessuren bei verteilungskämpfen im Milieu.
 
Clemen Meyer hat für diesen Roman viel recherchiert, so dass „Im Stein“ letztendlich überzeugend, präzise, umfassend und authentisch herüberkommt. Man glaubt im Zentrum des Geschehens zu sein, wenn Clemens Meyer das Prostitutionsmilieu  abbildet und beschreibt. Die unterschiedlichen Arbeitsplätze (Straße, Club, Wohnwagen, Container, Laufhäuser, Wohnungen), die Gruppierungen und Organisationen, das 2002 verabschiedete Prostitutionsgesetzt – wirkt, als wäre Clemens Meyer in der beschriebenen Welt aufgewachsen. Es ist verrückt und unheimlich, wie gut er sich in dieser Welt auszukennen scheint.
 
Was stimmt denn nun überhaupt in dieser Welt. Das Gewöhnliche ist phantastisch in diesem Roman und das Phantastische gewöhnlich, schmierig und gemein. Es geht um unsere Welt, den unsichtbaren Teil davon.
 
 
Zum Autor:
Clemens Meyer wurde am 1977 in Halle an der Saale geboren und aufgewachsen ist er in Leipzig. 1996 machte er das Abitur. Im Anschluss war er als Bauhelfer, Möbelträger und Wachmann tätig. Von 1998 bis 2003 studierte Clemens Meyer am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Das Studium finanzierte er sich selbst.  2001 erhielt Clemens Meyer für seine Erzählung „Kinderspiele“ den 1. Preis des MDR-Literaturwettbewerbs. In „Kinderspiele“ erzählt Meyer die Geschichte einer zerstörten Kindheit, die von Alkohol, Gewalt und Diebstählen geprägt ist. Die überarbeitete Fassung des Textes bildet das erste Kapitel seines Debütromans „Als wir träumten“, den er als Diplomarbeit am Deutschen Literaturinstitut einreichte.
2006 erschien im Fischer Verlag sein autobiographischer Debütroman „Als wir träumten“, an dem Meyer mehr als sechs Jahre gearbeitet hat. Für seinen im Jahr 2008 erschienenen Kurzgeschichten-Band "Die Nacht, die Lichter" hat Clemens Meyer den Preis der Leipziger Buchmesse für Belletristik bekommen. "Gewalten" spielen eine Rolle im 2010 erschienen Tagebuch von Clemens. Mit seinem 2013 erschienenen Roman "Im Stein" wurde Clemens Meyer für den Deutschen Buchpreis nominiert.
Im Stein, Clemens Meyer, S. Fischer Verlag, 560 Seiten, 22,99 €, ISBN: 978-3-10-048602-8

Dienstag, 22. Oktober 2013

Buch der Woche

Die Sonnenposition
Marion Poschmann
 

Marion Poschmann schreibt sowohl Gedichte als auch Prosa. In ihrem Roman Die Sonnenposition lässt sie Alfried Janich die Bühne betreten. Janich, den Ich-Erzähler, hat es beruflich aus Westdeutschland in die Mark Brandenburg verschlagen, in ein heruntergekommenes Barockschloss, in dem eine psychiatrische Klinik untergebracht ist. Alfried Janich ist Psychiater.
 
Die Sonnenposition ist ein Buch der Gegensätze, der Leser pendelt zwischen Tag und Nacht, hell und dunkel, krank und gesund und  Leben und Tod.  Mit dem Tod des langjährigen Freundes Odilo, beginnt Alfried Janich zu erzählen, in Rückblenden, Krankheitsgeschichten der Patienten, Reflexionen und Beobachtungen. Brücken werden geschlagen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Wahn und Wirklichkeit, Familiengeheimnissen und deutscher Vergangenheit.
 
 
Alfried glaubt, für die Patienten die Sonnenposition einnehmen zu müssen, ihnen Orientierung und Trost zu geben. Paradoxerweise hat man aber als Leser das Gefühl, dass Alfried der Ziel-und Planlose ist, dem ein Fels in der Brandung beiseite gestellt werden müsste. Er rast in den Nächten Erlkönigen hinterher, versucht die Beziehung zu seiner Schwester zu analysieren und den Geheimnissen auf die Spur zu kommen und fragt sich letztendlich, weshalb er seinem (toten) Freund Odilo so verfallen ist. Wer braucht hier wen und weshalb?
 
Quintessenz des Romans ist, dass sich verlorene Zeit nicht wiedergewinnen lässt. Es ist ein Tag-Nacht-Roman, in dessen Zentrum drei nachtaktive Menschen stehen: der Psychiater Altfried, seine Schwester Mila und sein Freund, der Biologe Odilo, den beide Geschwister unglücklich lieben.
 
Marion Poschmanns lange erwartete neue Prosa ist ein Buch über Deutschland aus der Sicht der Kriegsenkel. Ein Roman über die Macht der Zeit, über Erinnerung und zeitlose Verbundenheit. Ein Roman über fragile Identitäten, über den schönen Schein und die Suche nach dem inneren Licht – funkelnd, glasklar und von subtiler Spannung.
 
Zu Autorin:
Marion Poschmann wurde 1969 in Essen geboren. Sie wuchs in Mülheim an der Ruhr und in Essen auf. 1989 bis 1995 studierte sie Germanistik, Philosophie und Slawistik, zunächst in Bonn und ab 1992 in Berlin, 1994 außerdem Szenisches Schreiben an der Berliner Hochschule der Künste. 1997 bis 2003 unterrichtete sie Deutsch im Rahmen des deutsch-polnischen Grundschulprojekts Spotkanie heißt Begegnung. Sie lebt als freie Schriftstellerin in Berlin und ist Mitglied im P.E.N. (Poeten, Essayisten, Romanciers), eine internationale Schriftstellervereinigung.
Die Sonnenposition, Marion Poschmann,  Suhrkamp Verlag; Auflage: 1/18. August 2013,  337 S., ISBN-13: 978-3518424018

Montag, 30. September 2013

Buch der Woche


Tannöd
Andrea Maria Schenkel
 
Ein Sechsfachmord auf dem Einödhof Tannöd, Mitte der 50er Jahre. Zusammengeschrieben und komprimiert hat den Ramona die deutsche Autorin Andrea Maria Schenkel, die dafür 2007 den Deutschen Krimipreis erhielt.
 
Es dreht sich alles um einen Mordhof, einsam gelegen in Tannöd. Eine ganze Familie wird in einer Nacht ausgelöscht und im Dorf geht die Angst noch immer um, denn vom Mörder fehlt jede Spur. 4 Tage bleibt der Sechsfachmord unentdeckt. Erst als ein Mechaniker mehrere Stunden einen Motor am Hof repariert, ohne einen Menschen zu sehen, beschließen er und die Männer aus dem Nachbardorf, der Sache auf den Grund zu gehen. Da alle Türen verriegelt sind, brechen sie die Stalltüren auf und betreten einen rätselhaften Tatort.
In 36 kurzen Abschnitten werden die Perspektiven der Opfer, der Ortsansässigen und des Täters miteinander verknüpft. Stilistisch gesehen, handelt es sich bei den Abschnitten um teils kurze Erzählpassagen, größtenteils jedoch isolierte Zeugenaussagen, die sich erst nach und nach zu einem Gesamtbild zusammenfügen.
 
Der Hintergrund beziehungsweise die Vorlage für den Ramon, sind Details eines Mordes, der sich 1922 auf dem nicht mehr existenten oberbayrischen Einödhof Hinterkaifeck ereignete.
 
Die Morde in Hinterkaifeck bilden die reale Vorlage zur Erzählung „Tannöd“. Eine Auflösung des realen Falls in Hinterkaifreck gibt es nicht. Erst 1955 wurde die Polizeiakte geschlossen, ohne dass die Ermittler einen Täter hätten finden können.
 
Und auch weiterhin beschäftigen sich Menschen mit dem Verbrechen. Eine Abschlussklasse der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck etwa oder eine selbsternannte „Soko Hinterkaifeck“, die sich im Internet rege diskutiert.
 
Tannöd, Andrea Maria Schenkel, Nautilus, 125 Seiten, ISBN: 978-3-89401-479-7

Mittwoch, 18. September 2013

Buch der Woche

Das grössere Glück
Richard Powers
 
Sind wir unseres Glückes eigener Schmied und können unser Leben selbst vervollkommnen, oder ist doch allein die Biochemie am Werk? Das Streben nach Glück ist das zentrale Element im Leben eines jeden - die amerikanische Unabhängigkeitserklärung fixiert es gar als humanes Grundrecht. Was können wir tun, um diesem Lebensziel ein Stück näher zu kommen? Philosophen, Psychologen und viele andere versuchen sich an Antworten.
 
 
Das Streben nach Glück ist so alt wie die Menschheit. Schon der römische Dichter und Staatsmann Seneca sagte im ersten Jahrhundert: wir alle Streben nach Glück und einem erfüllten Leben. Auch Aristoteles betrieb  Glücksforschung und  in unserer heutigen Zeit tun es vor allem Genomforscher.
 
Anfang des Jahres 2009 sorgten britische Wissenschaftler für Wirbel, als sie aufs Neue das „Glücksgen“ entdeckt haben wollten. Das Glücksgen 5-HTTLPR. Wer eine bestimmte Form des Gens 5-HTTLPR in sich trägt, sollte mehreren Studien zufolge eher dazu neigen, die guten Seiten im Leben zu sehen und unter Stress ausgeglichener zu bleiben – Träger anderer Erbgutvarianten seien dagegen anfälliger für Depressionen. Doch amerikanische Wissenschaftler konnten Ende 2009 in der bisher größten Analyse diesen Zusammenhang nicht bestätigen.
 
Zeitgleich zur damaligen Diskussion, ob es nun ein Glücksgen gibt oder nicht, brachte Richard Powers seinen Roman Das grössere Glück heraus, der uns in allen Glücksgen-Fragen auf den neuesten Stand bringt.
 
Im Zentrum des Romans steht die interessante Frage, warum Menschen, die in einer objektiv schlechten Lage sind, sich trotzdem glücklich fühlen können. Das Zufriedenheitspardox. Dem gegenüber stellt Richard Powers das Unzufriedenheitsdilemma, einem weiteren rätselhaften Zustand, nämlich dem, dass Menschen sich unter objektiv guten Bedingungen dennoch zutiefst elend fühlen können.
 
Die beiden Gemütsverfassungen werden im Buch Das grössere Glück anhand von zwei Charakteren dargestellt. Russel Stone ist ein zur Melancholie neigender Durchschnittsamerikaner, dem sein anfänglicher Erfolg als Schriftsteller suspekt geworden ist, weshalb er sich nun als Internetredakteur und Dozent für Kreatives Schreiben an einer drittklassigen Hochschule in Chicago durchschlägt. Und auf der anderen Seite ist da eine junge Frau aus Algerien, Thassadit Amzwar, die  zu Semesterbeginn in Russels Kurs auftaucht.  Thassadit Amzwar fasziniert Lehrer wie Kommilitonen gleichermaßen. Denn obwohl sie vor ihrer Flucht nach Amerika in Algerien einen grausamen Bürgerkrieg erlebte, bei dem ihre halbe Familie ums Leben kam, darunter ihr Vater, hat die Studentin  ein irritierend heiteres und freundliches Wesen.
 
Ob die Berberin nun tatsächlich von Euphorie erfüllt ist oder sie sich das nur einbildet – und wenn ja, warum –, diese Frage beschäftigen bald nicht mehr nur Lehrer und Freunde, sondern auch Wissenschaftler, Reporter und Blogger, Ärzte, Politiker und dank des Internets irgendwann die ganze Welt.  Ein Forscher mit börsennotiertem Genlabor, der unschwer als Craig Venter zu erkennen ist, diagnostiziert bei Thassadit „Hyperthymie“, ein genetisch bedingtes Glücklichsein, das dauerhafte Lebenslust auslöst.
 
Richard Powers fragt sich bzw. schickt dem Leser die Fragestellungen: Wie viele solcher überschäumenden Gefühle kann man haben? Und wie glücklich darf man überhaupt sein, ohne andere gegen sich aufzubringen? Im Laufe des Romans ändert sich das Blatt der glücklichen Algerierin.  Fernsehen und Internet greifen ihre Geschichte auf und stricken in beispielloser Hysterie eine Medienstory daraus.  Erst als Heilige gepriesen, wird Thassadit Amzwar bald von Bloggern als geldgierig verteufelt.  Am Ende bleibt ihr nur die Flucht.
 
Das größere Glück, Richard Powers, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009. 432 S., ISBN-13: 978-3100590244

Montag, 9. September 2013

Buch der Woche

Und die Eselin sah den Engel
Nick Cave


Und die Eselin sah den Engel – kein aufschlussreicher Titel, wenn man nicht Bibelfest ist. Doch wer ein bisschen recherchiert, stößt auf die Information, dass der Titel aus Numeri, dem vierten Buch Mose stammt. Protagonist ist Euchrid Eucrow, ein aus inzestuösen Verhältnissen stammender stummer Junge , Sohn einer saufenden Mutter und eines Tiere quälenden Vaters, der in den Südstaaten – fernab jeglicher Zivilisation – inmitten einer bigotten Gemeinde sein Dasein fristet und den Lesern von der Tragik seines Daseins berichtet.
 
"Ohne Vorwarnung ins Leben befördert, ausgestoßen aus der schnapsgetränkten geronnen Milch der Schwangerschaft - ach, diese trauliche Höhle, in der wir so lange schwammen! - und jetzt vom Trauma der Geburt erschüttert hier alleingelassen, hatte ich, wie ihr euch wohl denken könnt, eine peinlich unvollkommene Vorstellung von jenem allerletzten Rätsel. Ich mein, woher hätt ich wissen sollen, wie verflucht tot ein Toter wirklich ist? [...].“
 
Man erfährt schnell, dass Euchrid Eucrow im Laufe seines Lebens zum Mörder wird und schlussendlich zum Selbstmörder. Denn er schildert seine Lebensgeschichte aus seinem nassen Grab dem Sumpfgebiet heraus und klärt so nach und nach die Umstände auf, die dazu geführt haben. Mit der eindrucksvollen Leidensgeschichte Euchrids wird dem Leser bewusst, dass Euchrid in Wahrheit der Messias der biblischen Verheißung – der Sohn Gottes ist, der die Leiden der Welt auf sich nimmt und die Menschen durch seine Tat erlöst, in einer Umgebung in der Glaube, Gewalt, Geisteskrankheiten und die Geister der Vergangenheit dominieren.
 
Nick Caves Schreibstil ist brutal, verstörend und gnadenlos. Und die Eselin sah den Engel ist ein drastisches Buch über die Abgründe des Menschen. Es ist zartbesaiteten Naturen nicht zu empfehlen, da das Lesen dieses Romans sich schwer auf das Gemüt und den Magen legen kann. Und auf keinen Fall sollte man während des Lesens essen.
 
Zum Autor:
Nicholas Edward Cave ist ein australischer Musiker, Texter, Dichter, Schriftsteller, Schauspieler und Drehbuchautor.
Neben der Bibel lassen sich viele andere literarische Einflüsse in seinen Texten wiederfinden, wie zum Beispiel Vladimir Nabokov, Fjodor Michailowitsch Dostojewski, William Faulkner, Dylan Thomas und Bob Dylan. Zu seinen musikalischen Vorbildern zählen Bob Dylan, Johnny Cash, Leonard Cohen sowie John Lee Hooker.

Und die Eselin sah den Engel, Nick Cave,  Piper-Taschenbuch, Originaltitel: And the Ass Saw the Angel,  9,95 €, ISBN-10: 3492218695
 

Montag, 2. September 2013

Buch der Woche

Mythen der Welt
Helden, Sagen und Symbole

Ein Mythos ist in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Erzählung, mit der Menschen und Kulturen ihr Welt- und Selbstverständnis zum Ausdruck bringen. Der Begriff Mythologie umfasst die Inhalte, die bis in ein Zeitalter zurückreichen, welches keinerlei schriftliche Zeugnisse kannte. Durch die Beschäftigung mit Mythen erhalten wir Kenntnis von einer Weltanschauung, die in einer Zeit vor der Zeit angesiedelt war.

Ein Sammelsurium dieser Art hat der Knesebeck-Verlag herausgebracht. Mythen der Welt - Helden, Sagen und Symbole aus der Reihe Wissen visuell. Dieses Buch ist kompakt, anschaulich und verständlich. Die wichtigsten Götter und Mythen sind in diesem Band neben Kulturstätten aller Kontinente und Kulturkreise zusammengefasst. Und zusätzlich gibt es zu den Kulturen und den historischen Verhältnissen gute Einführungen in die Materie.


12 Mythologien werden anschaulich beschrieben und erläutert, mit vielen Illustrationen, Querverweisen und Fakten.

Beginnend mit der Mythologie des Alten Orients, wandernd durch die chinesische Mythologie und mit der Mythologie Australiens und Ozeaniens abschließend wird mit dem Buch eine spannende Übersicht über die Mythen der Welt geboten.

Die Lektüre zeigt uns, dass Geschichten die uns bis heute bewegen, oft ihren Ursprung in uralten Mythen haben.
Die Sintflut etwa ist Teil der Mythologie des Alten Orients. Auch Halloween, das merkwürdigerweise aus den USA zu uns kam, hat seinen Ursprung in alter Mythologie, im keltischen Erntefest.

Das 480 Seiten starke Buch lädt zu einer mythologischen Reise um die Welt ein. Vieles kommt bekannt vor, hat Eingang gefunden in Märchen, Sagen und Legenden - aber auch in der Literatur. Nicht nur Tolkiens "Herr der Ringe" zehrt vom keltischen und nordischen Mythenschatz. Auch Herrmann Hesse bedient und erwärmt sich indischer Mythen.

Mythen der Welt - Helden, Sagen und Symbole, 18,5 x 13,5 cm, Gebunden, 480 Seiten, mit 1500 farbigen Abbildunge, 19,95 €, ISBN 978-3-86873-192-7

Dienstag, 6. August 2013

Buch der Woche

Kafka am Strand
Haruki Murakami
 
Rätsel sind so lange interessant, wie man ihre Lösung nicht kennt. Der japanische Bestsellerautor Haruki Murakami bevorzugt in seinen Romanen das offene Ende, das die Vielfalt der Möglichkeiten bestehen lässt. Um Realismus kümmert sich Murakami ohnehin nicht, weil er die Bedeutung zu seinen rätselhaften Büchern nicht mitliefert.
 
"Kafka am Strand", legt im Titel eine Spur. Mit Kafka knüpft Murakami Beziehungen zu einem Autor, dessen Bücher sich in Grund und Boden interpretieren lassen, weil ihre Bedeutung so offen ist, dass sie sich mit gleichem Recht psychoanalytisch, marxistisch  oder religiös aufladen lassen. Murakami jedenfalls lässt sich nicht deuten, ohne das Leseabenteuer zu zerstören. Seine phantastischen Geschichten sind Lunten. Je größer die Zweifel an der vernünftigen Beschaffenheit der Welt sind, umso attraktiver wird dieses Angebot.
 
Warum Kafka? Zunächst einmal, weil der fünfzehnjährige Protagonist sich Kafka Tamura nennt. Ihm gefällt es, dass Kafka auf Tschechisch "Krähe" heißt. In seiner Phantasie wird er von einem solchen weisen Vogel begleitet, der ihm in kritischen Situationen beisteht. Kafka Tamura hat sich vorgenommen, der stärkste Fünfzehnjährige der Welt zu werden. Von der Schule hält er wenig. Er bewegt sich zwischen Fitnessstudio und Bibliothek, denn er weiß, dass Stärke nicht nur körperliche Kraft bedeutet, sondern auch Entschlossenheit, Mut, Geduld und Wissen. Er ist kein typischer Teenager, aber ein typischer Murakami-Held: einsam, wortkarg, unabhängig und liebesbegierig. Er hat aufgehört, nach einem Sinnzusammenhang zu suchen, und konzentriert sich stattdessen auf die Einzelteile.
 
Den umgekehrten Weg geht eine zweite Hauptfigur, Nakata, ein alter Mann, der ebenso weise wie wirr im Kopf ist. Er leidet darunter, dass die Welt in Wochentage, Industrieprodukte und allerlei Chaos auseinanderfällt, und erfreut sich eines meditativen Bewusstseinszustandes der Selbstvergessenheit, wo "alles eins ist" und er ohne Überlegung "ins Ganze" eintauchen kann.
 
Jede der beiden Hauptfiguren hat also ihre Probleme damit, die Hierarchie, die Struktur der Dinge und des Erlebens und die Totalität des Empfindens unter einen Hut zu bringen. Dieser Riss, der durch die Welt geht, setzt Murakamis Fabuliermaschine in Gang. Sein Erzählen ist immer doppelt. Genussvoll surft er auf der modischen Oberfläche einer Welt der Markenartikel und der Sinnenfreuden, um zugleich eine Tiefendimension anzupeilen, die wahlweise im Traum, im Unbewussten oder im Mystischen zum Ausdruck kommt.
 
Kafka Tamura haut von zu Hause ab und begibt sich auf eine Reise ins Ungewisse. Mutter und Schwester haben die Familie verlassen, als er vier Jahre alt war. Er wuchs beim Vater auf, einem berühmten Bildhauer, mit dem ihn wenig verbindet, der ihm aber eine Prophezeiung auflädt: Er werde wie Ödipus seinen Vater töten und mit seiner Mutter schlafen. Sein Aufbruch ist auch eine Flucht vor dem Fluch, doch wie im Mythos erfüllt sich das Schicksal genau dadurch, dass er ihm zu entkommen sucht.
 
Der alte Nakata hat nach einer rätselhaften, monatelangen Bewusstlosigkeit während seiner Kindheit im Zweiten Weltkrieg das Erinnerungsvermögen verloren. Ob es sich damals um die Konfrontation mit Außerirdischen oder um Giftgas der Militärs handelte, bleibt mysteriös. Er ist Analphabet, kann dafür aber mit Katzen sprechen und scheint auch dafür verantwortlich, wenn es aus heiterem Himmel Makrelen oder Blutegel regnet.
 
Nakatas Gegenfigur ist Saeki-san, die eine Bibliothek leitet und unentwegt an ihren Erinnerungen schreibt. Die große Liebe, die ihr als Fünfzehnjährige begegnete, lässt sie nicht mehr los. Sie lebt so bedingungslos in der Vergangenheit wie Nakata in der Gegenwart. Bald ist klar, dass diese beiden Figuren, die Schreibende und der Analphabet, zueinanderfinden müssen, um sich zu erlösen. Auch Kafka Tamura findet sich in der Bibliothek von Saeki-san ein und entdeckt dort ein Bild mit dem Titel "Kafka am Strand".
 
Die Mysterien und die rätselhaften Beziehungen nehmen kein Ende. Murakami spielt mit dem Mythos-Material. Murakami verschmilzt Moderne und Märchen, Mythos und Fantasy. Er schafft es, westlichen Individualisierungswunsch und fernöstliche Ganzheitlichkeit miteinander zu versöhnen, Freiheit und Notwendigkeit zugleich zu propagieren. Seine Figuren heben sich als einzelgängerische Sinnsucher von der Masse ab und sind doch jederzeit eingebunden in ein unbegreifliches Schicksal.

Kafka am Strand, Haruki Murakami, Dumont Buchverlag, 640 Seiten, 24,90 €, ISBN-13: 978-3832178666

 

Montag, 22. Juli 2013

Buch der Woche

Warum Liebe weh tut – Eine soziologische Erklärung

Eva Illouz
 

Warum tut Liebe weh, jedenfalls gelegentlich? Was fasziniert uns noch heute an Figuren wie Emma Bovary oder Heatcliff und Catherine, den unglücklich Liebenden aus Emily Brontès Sturmhöhe? Und vor allem: Was unterscheidet uns von ihnen? Gibt es einen Unterschied zwischen dem Liebeskummer zu Zeiten Jane Austen und der Art und Weise, wie wir ihn heute erfahren und damit umgehen?
 
Eva Illouz, die Meisterin der soziologischen Analyse der Gefühlswelt moderner Menschen, widmet sich in ihrem Buch „Warum Liebe weh tut“ der Schattenseite der Liebe. Sie zeigt, inwiefern der Liebesschmerz wesentlich von den gesellschaftlichen Bedingungen der jeweiligen Zeit geprägt wird und keineswegs ein rein individuelles Problem ist.

In sechs Kapiteln entfaltet sie die Ursachen zeitgenössischen Liebesleid sowie die Spezifika des heutigen Umgangs mit Beziehungskrisen. Die digitalen Heiratsmärkte spielen dabei ebenso eine Rolle wie die neuen Mechanismen der Partnerwahl und der strategische Umgang mit der romantischen Vorstellungskraft.

Ziel des Buches ist es, das Leiden an der Liebe zu lindern. „Warum Liebe weh tut“ schlägt viele Schneisen durch das Dickicht moderner Liebe und gibt überzeugende Erklärungen für die Verunsicherung und Orientierungslosigkeit der hochreflektierten und autonomen Individuen spätmoderner Prägung. Bei Eva Illouz entpuppt sich das Liebesdrama unter dem scharfsinnigen Blick der Soziologin als Muster und Mechanismus sozialer Strukturen.

 
Die Autorin:
Eva Illouz (* 30. April 1961 in Fès, Marokko) ist eine israelische Soziologin. Als Eva Illouz zehn war, zog die Familie von der marokkanischen Stadt Fes nach Frankreich. Sie ging in Sarcelles zur Schule und studierte später in Paris sowie an der University of Pennsylvania in den USA.
Sie erforscht gesellschaftliche Einflüsse auf die Bildung von Emotionen und somit den Zusammenhang von Kapitalismus der Konsumgesellschaft sowie Medienkultur im Hinblick auf die Produktion/Transformation emotionaler Muster. Seit 2006 lehrt sie als ordentliche Professorin für Soziologie und Anthropologie an der Hebräischen Universität Jerusalem.

Im Jahre 2009 wurde sie von der Zeitung Die Zeit in eine Reihe von zwölf Intellektuellen gewählt, die wahrscheinlich das Denken der Zukunft verändern werden.
2013 wurde sie mit einem Anneliese Maier-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichnet

Warum Liebe weh tut, Eva Illouz, Suhrkamp, 467 Seiten, 24,95 €, Erschienen am: 12.10.2011, ISBN:  978-3-518-58567-2

Mittwoch, 10. Juli 2013

Buch der Woche

Du hast mich auf dem Balkon vergessen.

Ist meine Hose noch bei euch?

Ich guck mal, ob du in der Küche liegst.

Axel Lilienblum / Anna Koch

Die SMS wird 20 Jahre alt und sie hat in ihrem Alter schon einiges geleistet. Mittlerweile gehört sie zu unserem Leben wie Klopapier und Eiscreme. Allein im letzten Jahr wurden in Deutschland 55 Milliarden SMS versendet, ein Drittel mehr als im Jahr zuvor. Die meisten von ihnen haben durchaus ihren Sinn, aber viele Kommunikationsversuche sind - gerade nachts und wenn Alkohol im Spiel ist - zum Totlachen oder geradezu bizarr.  Seit 2009  sammeln zwei Berliner skurrile und peinliche SMS- Nachrichten. Die 800 schrägsten veröffentlichen sie erstmalig  2010  in einem Buch. Die rund 800 besten Kurznachrichten erschienen unter dem Titel "Du hast mich auf dem Balkon vergessen. Das Beste aus SMSvonGesternNacht.de".
 
Die Autoren sind Axel Lilienblum und Anna Koch. Die beiden dachten sich, dass Einige Handy-Kurznachrichten einfach "zu gut, witzig oder krass" seien, um nur von Sender und Empfänger gelesen zu werden. Fortan sammelten die beiden SMS, die besser nicht verschickt worden wären, und veröffentlichten sie auf ihrer Homepage smsvongesternnacht.de. Mal peinlich, mal traurig, immer unterhaltsam. Nachdem sich zu Beginn vor allem ihre Freunde an der Aktion beteiligten, müssen sich Lilienblum und Koch heute keine Sorgen über mangelnde Einsendungen machen: Pro Tag bekommen sie etwa 100 neue SMS von anonymen Sendern.
 
Auf der Internetseite kann jeder, der in der Nacht skurille Nachrichten von seinen – meist  betrunkenen – Freunden erhalten hat, diese posten. Ob auch alle echt sind, das weiß keiner.
 
Das zweite Band  von 'SMSvonGesternNacht', mit dem Titel „Ist meine Hose noch bei euch?, erschien 2011 Es ist (im Gegensatz zum ersten Band) bunt. Die SMS sind in verschiedenen Blautönen abgebildet, ebenso die Bilder. Mal wieder hat man viel zu lachen und diesmal dauert das ganze sogar noch etwas länger. Denn nun enthält das Buch fast doppelt so viel Seiten wie vorher.
 
Im Zwielicht der Nacht wird schon mal aus Versehen Schluss gemacht und nach dem Aufwachen erschrocken gerätselt, ob (und wenn ja, mit wem?!) man vielleicht Sex gehabt hat. Unter dem Motto „Welche SMS hättest du gestern Nacht besser nicht verschickt“ werden hier erneut besonders lustige, schräge, peinliche und kryptische SMS versammelt. Ob alkoholgeschwängerte Liebesbekundungen, eindeutig zweideutige Nachrichten oder philosophische Exkurse in 160 Zeichen – Unterhaltung ist garantiert.
 
Nach den Bestsellern "Du hast mich auf dem Balkon vergessen" und "Ist meine Hose noch bei euch?" schicken Anna Koch und Axel Lilienblum ihre Leser bereits zum dritten Mal auf eine Reise durch die lustigsten und schönsten SMS-Nachrichten des letzten Jahres. Mit einer Auswahl aus Zehntausenden anonymer Einsendungen führt das aktuelle Buch wieder durch vierundzwanzig amüsante Stunden voller Geschichten, die das Leben selbst schrieb. Der dritte Band heißt „Ich guck mal, ob du in der Küche liegst.



 
Du hast mich auf dem Balkon vergessen, Axel Lilienblum/Anna Koch, rororo-Verlag, Erschienen am 01.12.2010, 272 Seiten, ISBN 978-3-499-62694-4
 
Ist meine Hose noch bei euch?,  Axel Lilienblum/Anna Koch, rororo-Verlag, Erschienen am 01.12.2011, 288 Seiten, ISBN 978-3-499-62809-2
 
Ich guck mal, ob du in der Küche liegst, Axel Lilienblum/Anna Koch, rororo-Verlag, Erschienen am 01.12.2012, 288 Seiten, ISBN 978-3-499-63012-5

Mittwoch, 26. Juni 2013

Buch der Woche

Patti Smith 1969-1976
Judy Linn
 
Judy Linn wollte eigentlich nie fotografieren. Dass sie doch damit anfing, beschert der Nachwelt eine Sammlung von Aufnahmen, die nicht nur Patti Smith und Robert Mapplethorpe vor ihrem Ruhm zeigt, sondern auch die Entwicklung einer Szene reflektiert, die noch heute für Umbruch und jugendliche Revolution steht. 
 
Mit dem Fotoband Patti Smith 1969-1976 führt uns die Fotografin Judy Linn in die Welt von Patti Smith im New York der frühen 1970er-Jahre. Es ist eine Zeit, in der New York vor kreativer Aufbruchsstimmung vibriert und die für Patti Smith vor allem durch ihre enge Beziehung zu Robert Mapplethorpe geprägt war. Es sind Jahre voller Armut, Hunger und Selbstzweifel, aber auch von Kreativität und der Suche nach neuen Ausdrucksformen. Judy Linn, Pattis enge Freundin, schuf Aufnahmen, die die Verletzlichkeit, Brüchigkeit und Sehnsucht einer Frau einfangen, die nicht nur Großartiges auf dem Gebiet der Musik geschaffen hat, sondern auch inspirierend für viele Songschreiber und Bands geworden ist.
 
Patti Smith stellte eine Art Muse für Linn dar. Sie sagt über Patti Smith: “Patti war inspirierend, weil sie so schlau war. Sie war unglaublich intelligent, belesen und interessant. Ich war damals gerade mit der Kunsthochschule fertig, hatte angefangen zu fotografieren, und Patti wollte gerne fotografiert werden. Sie hat einfach ihr Hemd ausgezogen und ich machte die Bilder, so als ob das dazu gehörte. Sie hatte wirklich fantastische Brüste. Sie hatte Spaß daran, sie spielte mit mir, es gab also eine beidseitig erdachte Geschichte. Ich gab ihr die Abzüge, und sie war echt glücklich. Das Ganze fand vor der Musik statt. Auftritte zu fotografieren hat mich nie interessiert.“
 
Der Fotoband beinhaltet über 60 schwarz-weiß Aufnahmen von Patti und männlichen Hauptdarstellern, die Männer unserer Welt. Immer gegenwärtig in diesen Bildern ist die Beziehung von Künstlerin und Modell. Linn dokumentiert das Aufblühen einer dauerhaften Freundschaft und die Entwicklung zweier einzigartiger Künstlerinnen: mutig und visionär, zart und stark zugleich.
 
Zur Autorin:
Judy Linn ist Fotografin und porträtierte Anfang der 1970er-Jahre Patti Smith, Robert Mapplethorpe, Sam Shepard und viele andere Künstler. Ihre Arbeiten werden heute im Whitney Museum of American Art, Detroit Art Institute und Dallas Museum of Fine Arts präsentiert. Sie lebt in New York.
 
Patti Smith, Knesebeck Verlag, Gebundene Aussage: 144 Seiten, 24,95 Euro, Erschienen am 28.02.2011, ISBN 978-3868733334



Mittwoch, 19. Juni 2013

Buch der Woche

Spam
Sue Reindke
Tagtäglich wird im Haushalt anfallender Müll gesammelt, nach Wiederverwertbarkeit sortiert – und wenn der Sack voll ist, kommt er in die große Abfalltonne vor dem Haus. Aber was ist mit dem Müll, der in keine der Tonnen passt? Der als digitale Belästigung im Emailpostfach landet? Spam kommt ungewollt zu seinen Empfänger/innen, kostet Zeit und Geld, veranlasst seine engagierten Gegner/innen immer wieder neu zu ausgetüftelten Gegenmaßnahmen.

Aber ist Spam wirklich nichts als eine zerstörerische Belastung für die digitale Kommunikation? Eine Verunreinigung der Datenströme? Eine nervige, beschissene Masche, mit der sehr viel Geld verdient wird? Unerwünschte elektronische Nachrichten lassen sich gut filtern und werden in der Regel schnell und ungelesen gelöscht. Dabei sind die unerwünschten Mails häufig sehr unterhaltsam.  Spam ist Literatur, Spam ist poetisch. Diese Meinung vertritt Sue Reindke. Sie ist in die Tiefen ihres Mailpostfachs gestiegen und hat erstaunliches zutage gefördert. Viagra, illegale Geldgeschäfte, die große Liebe, all das ist nur einen Klick entfernt.

Die Leser des Buches werden vielleicht überrascht sein, aber nach der Lektüre wird sich deren Leben komplett ändern – denn all deren Probleme werden sich in Luft auflösen.  Alles wird gut am Ende der DSL-Leitung.  ;)

Sue Reindke ist die geheimnisvolle Frau, die auserwählt wurde, um den Menschenkindern auf dieser Erde zu einem glücklichen Leben zu verhelfen. Sie wurde als Medium auserwählt, um ihr Wissen mit den Lesern zu teilen. Sie erzählt der Welt von all dem, was sie in den geheimnisvollen Nachrichten erfahren hat.

Sie hat die schönsten und absonderlichsten Spam-Mails gesammelt und auch mit dem einen oder anderen Anbieter abstruser Produkte Kontakt aufgenommen – mit überraschenden und vor allem sehr witzigen Ergebnissen…

Noch ein kleiner Hinweis in eigener Sache. Alle Mails in dem Buch „Spam“ sind so oder in ähnlicher Form in ihrem eigenen Postfach oder im Postfach von Freunden und Bekannten gelandet. Zahlreiche Mails wurden gekürzt, wodurch eventuell ein neuer, anderer Sinn entstanden ist. Alle Namen von Absendern und Markennamen von Firmen und Produkten wurden entfernt oder durch inhaltlich gleiche Worte ersetzt, sodass keine genauen Rückschlüsse auf die Herkunft der Nachricht zu ziehen sind.

Zur Autorin:
Sue Reindke lebt im Internet und in Berlin. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin des Start-ups Netzköpfe, das sich die Revolution der digitalen Arbeitswelt zur Aufgabe macht und als Headhunter Menschen findet, die das Netz als zweite Heimat ansehen. Sue Reindke twittert als @HappySchnitzel und bloggt auf happyschnitzel.com.

 
Spam,  Rowohlt Taschenbuch Verlag: 319 Seiten, 8,99 Euro, ISBN 978-3-499-61125-4
 
 
Hörimpulse zum Buch
 
Mit Überzeugung trugen vier Damen (eine darunter Sue Reindke) auf der re:publica 2012 die schönsten Texte aus Spam-E-Mails vor und scheuten sich auch nicht auf das eine oder andere Angebot einzugehen und eine Antwort-E-Mail zu schreiben. Daraus resultierten Briefwechsel in radebrechendem Deutsch mit haarsträubenden Heiratsgeschichten und Angeboten zur Adoption gottesfürchtiger Babys.
 
Sprecherinnen: Sue Reindke, Inés Gutierrez aka Kaltmamsell, Carolin Buchheim, Maike Hank
 

 

Donnerstag, 31. Januar 2013

Buch der Woche

Worte sind nicht meine Sprache
Aidan Chembers
 
Kann eine Geschichte, erzählt von einem 75-jährigen Mann, tatsächlich ein junges Publikum begeistern? Ja, kann sie.  Die zwei Protagonisten im Roman Worte sind nicht meine Sprache sind der 18-jährige Karl und ein namenloser 75-jähriger Autor. Karl erhält von seiner literaturbegeisterten Freundin einen Fragekatalog, den er schriftlich beantworten soll. Seine Freundin verspricht sich davon, in Karls Gefühlswelt einzutauchen und ihn dadurch besser zu verstehen. Das Dilemma in dem sich der 18-jährige befindet zeichnet sich folgendermaßen ab: Karl ist schon lange raus aus der Schule und Legastheniker. Die Beantwortung der Fragen geht über seine Möglichkeiten hinaus. Doch die Liebe zu Fiorella und ihre Forderung, veranlasst ihn zu ungewöhnlichen Mitteln. Denn: ungewöhnliche Situationen erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Karl sucht Fiorellas Lieblingsautor auf und bittet ihn, ihm bei der Beantwortung der Fragen zu helfen. Widerwillig stimmt der Autor zu und schrittweise entwickelt sich eine Symbiose, die die Überlebenschancen beider erhöht.
Sie helfen sich gegenseitig durch schwierige Zeiten.  Es liegen viele Lebensjahre zwischen Karl und dem Autor und doch sind sie sich charakterlich und in ihren Schicksalserlebnis so ähnlich, dass man annehmen könnte, dass Aidan Chambers der jungen Romanhauptfigur Karl die eigene Kopie von sich selbst, nur wesentlich älter und reicher an Erfahrung, an die Seite gestellt hat. Karls Vater starb vor 6 Jahren. Und die parallele zum Autor ist, das dessen Frau auch vor kurzem verstarb. Beide finden eine willkommene Erlösung von ihrem emotionalen Schmerz. Die Thematik Verlust ist der Kraftstoff der Geschichte und die schonungslos ehrlich Beschreibung von Liebe, Depression, Tod, Herzschmerz und Selbst-Entdeckung verknüpfen sich ähnlich eines bunten, gut gewebten Teppichs aufschlussreich und gefühlvoll ineinander.  
 
Der Clou an dem Roman Worte sind nicht meine Sprache ist die Tatsache, dass das was wir lesen die Entscheidung des Autor ist, über die Erfahrungen und die seltene Begegnung mit Karl zu schreiben. Ein Strom der Dialoge – hin und her, her und hin –werden als stilistisches Mittel im Buch eingesetzt und verwendet und sind in ihrer Präsenz und Art stark und für mich neuartig. Zu empfehlen ist Worte sind nicht meine Stärke eher für älter Jugendliche, auf Grund der einzigartigen Erzählperspektive. Letztendlich gewinnt die Geschichte, erzählt aus Sicht eines 75-jährigen, an Tragweite,  verzerrt bzw. komprimiert aber zugleich die Gruppe von Lesern.
 
Zum Autor:
Aidan Chambers wurde 1934 in Nordengland geboren. Er hat viele Jahre als Lehrer gearbeitet und  sammelte während seiner Berufsjahre viele Kenntnisse über Sprache und Probleme junger Leute, die er in seinen Büchern wieder gibt. Zu seinen berühmtesten Büchern gehören Tanz auf meinem Grab, Die Brücke, Taggespenster, Nachtgespenster und das Kinderbuch Wer stoppt Melanie Prosser?. Sein Buch Die Brücke kam 1995 auf die Auswahlliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis.
 



 
Worte sind nicht meine Sprache, Originaltitel: Dying to Kow You, Knesebeck-Verlag, Hardcover: 304 Seiten, 16,95 Euro, Erscheinungstermin: 19.02.2013, ISBN 3-86873-507-0