Mittwoch, 17. Juli 2013

Geschichten von Helmut Braune

Helmut Braune ist noch nicht jedermanns Begriff. Dies wird sich hoffentlich im Laufe der Zeit ändern. Auf diesem Blog werden in unregelmäßigen Abständen nun die Geschichten von Helmut Braune veröffentlicht. Mir gefallen sie. Vielleicht treffen sie auch euren Nerv.
Hier die erste Geschichte aus seiner Feder...
 
Der Löffel oder Wer sich die Suppe einbrockt, der darf sie auch wieder auslöffeln
Der Euphorie folgt die Ernüchterung. Etwas mehr als 24 Stunden waren vergangen und ein schwarzes Loch tat sich auf, direkt vor meinen Füßen. Die Idee war gut, doch nicht zu Ende gedacht. Geh nie nur von dir alleine aus, füge deinen Überlegungen alle möglichen Eventualitäten hinzu, seien sie noch so bizarr und unmöglich. Unmögliches wird möglich, wehren kann man sich nicht dagegen. Es kommt wie es kommt und rollt, wenn es rollt.
Es macht mich schier rasend und wahnsinnig, dass das meine Dienste in Anspruch nehmende Proletariat in ihren ölverschmierten Blaumännern seinen moralischen und ethischen Pflichten nicht nachkam. Benutztes Geschirr räumt man weg, stellt es in die dafür vorgesehenen und bereitstehenden Geschirr-Sammelwagen. Und das Besteck sortiert man in die entsprechenden Behälter. In meinem Speisesaal, vier an der Zahl. Das lernt man schon bei Mutti. Meine Erziehungsmission hatte ich schon vor längerer Zeit et acta gelegt. Die räumten ihren Scheiß einfach nicht weg.  Was mich noch mehr auf die Palme brachte, war die Tatsache, dass meine chow hall einem unerklärlichen Löffelschwund unterlag. Löffel. Nicht Messer oder Gabeln, nein Löffel – Klein und groß in ihrer Form. Das elektromagnetische Feld als mögliche Erklärung, schied aus. Monatlich bestellte ich beim gastronomischen Großhändler meines Vertrauens 100 kleine und 100 große Löffel neu. Meinen Ruf hatte ich hier weg. Der Uri Geller der Kraftwerkskantine. Ha, ha… zum totlachen.
Weshalb klauten die Gehaltsempfänger meine Löffel? Die Antwort auf diese Frage bereitete mir so mach schlaflose Nacht. Jetzt mal im Ernst. Die waren ja nicht mal aus purem Gold, geschweige denn versilbert.
Vor 24 Stunden hatte ich die Wahnsinns-Idee schlechthin. Ich würde den Löffelklauern ein für alle Mal den Riegel vorschieben und dem Treiben den garaus machen.
Und folgendes geschah vor 24 Stunden...
Ich packte alle auffindbaren Löffelbestände zusammen, klein und groß, und verschaffte mir Zugang zur Proletenwerkstatt. Zugegeben war es illegal, doch der Zweck heiligt alle Mittel. Akribisch und akkurat platzierte ich den 6-Diamantbohrer auf jeweils 290 kleinen Laffen. Genau mittig, sauber und fein. Den ganzen Vorgang wiederholte ich mit einem 8-Diamantbohrer und bearbeitete 289 große Laffen. Ich machte mir darüber hinaus die Mühe, die Löcher in den Laffen zu entgraten. So bin ich halt. Alles muss seine Richtigkeit haben. Die Löffel, die leicht gewölbte Fläche, die es uns erlaubt, flüssige Nahrung aufzunehmen, ohne zu schlürfen oder sich die Finger zu verbrennen, war nun nutzlos. Nutzlos für den Klau. Welcher Idiot würde schon funktionsunfähige Löffel mitnehmen.
Und nun, etwas mehr als 24 Stunden später tut sich ein schwarzes Loch auf, direkt vor meinen Füßen. Die Idee war gut, doch nicht zu Ende gedacht. Geh nie nur von dir alleine aus, füge deinen Überlegungen alle möglichen Eventualitäten hinzu, seien sie noch so bizarr und unmöglich. Unmögliches wird möglich, wehren kann man sich nicht dagegen. Es kommt wie es kommt und rollt, wenn es rollt.
Die Löffel waren der Renner. Am Ende des Tage fand man keinen einzigen, nein, keinen einzigen Löffel mehr in meiner chow hall. Die Proleten stürzten sich auf sie, als gebe es kein Morgen. Ich hatte über Nacht Stroh zu Gold gemacht, im übertragenen Sinne natürlich. Alulöffel hatte ich in silberne Löffel verzaubert. Tja, und machen wir uns nichts vor. Silberlöffel sind zum Klauen da.

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