Donnerstag, 9. Dezember 2010

Rezension - Francesc Miralles: Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen

Rezensentin: Fräulein S.

Francesc Miralles: Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen. List Taschenbuch, 6. Auflage 2010, Preis: 8,95 €

Wenn sich mehr als zwei unvorhergesehene, unbekannte Akteure im eigenen Gravitationsfeld bewegen, können minimale Änderungen der Ausgangssituation im Laufe der Zeit zu großen nicht vorhersagbaren Änderungen fester Gewohnheiten und Lebenseinstellungen führen. Der Schmetterlingseffekt oder anders gesagt: "Samuel und die Liebe zu den kleinen Dingen".

Samuel de Juan ist 37 Jahre alt und führt ein geradezu langweiliges und unspektakuläres Leben. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes lethargisch. Er weiß sein Leben nicht zu ändern und so belässt er alles, so wie es ist. Samuel existiert und spult seinen Tagesrhythmus nach immer gleichen Ritualen und Mustern ab. Um Spontaneität, Impulsivität und unerklärliche Zauberei in seiner Vita, macht er einen möglichst großen Bogen. Samuel ist Literaturdozent am Germanistikinstitut in Barcelona und außer den Studenten in seinem Seminar hat er kaum soziale Kontakte. Er kauft sich gerne Bücher, die er recht hübsch verpacken lässt und sich selbst schenkt. Samuel hat niemanden, außer einer Schwester, die er fast nie sieht und geht täglich mit der großen Furcht schlafen, er könne so enden wie der Mann aus Tokio. Dieser hatte drei Jahre tot in seiner Wohnung gelegen, bis man ihn fand.
In der Silvesternacht fühlt sich Samuel zum ersten Mal wirklich einsam und verlassen. Schnell möchte er den Feiertag beenden und schläft mit den Gedanken „Wieder ein neues Jahr. Und wieder wird es nichts Neues bringen.“ ein. Tja, nur leider hat Samuel die Rechnung ohne den „Schmetterling“ gemacht und sich ganz unglaublich geirrt.
Die Katze Mishima sorgt dafür, dass seine Einsamkeit in kürzester Zeit bevölkert wird. Gerafft lassen sich die Stationen und Ereignisse in der Geschichte folgendermaßen übertiteln : Teller Milch – Katze – Titus der Redakteur – Eisenbahnschiene – Gabriela – Café – Valdemar mit Heimweh nach der Zukunft und der dunklen Seite des Mondes hinterherjagend – Schubert – Mendelssohn – Gabriela – Titus (Krankenhaus) – Café – Valdemar – Mendelssohn – Gabriela – der 17 Minuten Mann – viele weiter unvorhergesehene Ereignisse – Hoffnungslosigkeit – Schwermut – ein Flügelschlag. Schritt für Schritt erkennt Samuel, dass nicht das Vollkommene erstrebenswert ist, sondern die kleinen Dinge des Lebens die saftigen Früchte hervorbringen. "Man tut eine kleine gute Tat, gibt ein kleines bisschen Liebe und löst damit eine Kette von kleinen, aber bedeutsamen Ereignissen aus, die einem die Liebe doppelt und dreifach zurückgeben. Am Ende kannst du nicht mehr dahin zurück, wo du hergekommen bist, selbst wenn du es wolltest. Weil diese neuen Wege dich zu sehr verändert haben."

Francesc Miralles schenkt uns mit "Samuel und die kleinen Dinge des Lebens" ein anmutiges Leseabenteuer. Bis zur letzten Seite bleibt das Buch spannend, überraschend und verzaubert den Leser augenblicklich. Unvermittelt solidarisiert man sich mit den kuriosen Gestalten und amüsiert sich über die ein oder andere Marotte. Ein wunderbares Buch, das uns auf bewundernswerte Weise deutlich macht, wie einfach und schön das Leben sein kann, wenn man sich dem Alltag, den fremden Dingen und der Magie stückweise öffnet.

Francesc Miralles wurde 1968 in Barcelona geboren. Er studierte Germanistik und arbeitete einige Jahre als Verleger, bevor er selbst zu schreiben begann. Neben Sachbüchern verfasste er sowohl Romane für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene. 2009 erhielt er den renommierten Premio de Novela Cindad de Torrevieja. Francesc Miralles lebt als Schriftsteller und Musiker in Barcelona.


Die besten Grüße
euer Fräulein S.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen