Mittwoch, 10. Oktober 2012

Tee-O-Logisch / Das Buch der Woche

Seit heute gibt es im Berufsbildungswerk für Hör- und Sprachgeschädigte Leipzig jeden Mittwoch die Möglichkeit, im Tee-O-Logischen Zelt neuen Input einzuheimsen. Ins Leben gerufen hat diesen Treffpunkt Ronny Valdorf, der dort als Theologe tätig ist und seine Freizeit Mantiquttaire widmet.


Das Tee-O-Logische Zelt bieten neben der Möglichkeit: Kaffee, Tee, Pfannkuchen und Gesprächen auch die wöchentlich wechselnden Rubriken: Musik-, Gedicht-, Buch-, Andacht-,  Weltverbesserertipp-,  philosophisches Rätsel der Woche. 
Unterstützt wird er beim Buch der Woche von mir...und ihr sollt auch etwas davon haben. Deshalb wird hier ab jetzt wöchentlich, übereinstimmend zum Tee-O-Logischen Zelt, das Buch der Woche vorgestellt.

Und los gehts mit...

Die Inseln,
auf denen ich strande
Lucien Deprijck

Die Situation ist bekannt und schnell erzählt: Das Meer spült einen Schiffbrüchigen an den Strand einer Insel. Was dann passiert, hängt von den Umständen der Strandung, dem Charakter des Gestrandeten und vor allem der Insel ab. Überleben in Einsamkeit, in guter und schlechter Gesellschaft.

Lucien Deprijck lässt achtzehn Robinsons auf sehr verschiedenen Inseln stranden und testet aus, was das mit seinen Helden macht. Während ein Robinson-Protagonist zwangsweise "zwei Jahre Ferien" macht, steht der Mallorca-Robinson vor dem Problem seiner viel zu schnellen Genesung, die ihn schon bald von den kostenlosen Longdrinks abschneiden wird.
Die erste, kürzeste Geschichte umfasst nur wenige Sätze und spielt auf einem blanken Felsenriff, auf dem der Erzähler nach wenigen Tagen verhungert. In anderen, zehn und mehr Seiten langen Geschichten, geht es unter anderem um die Erforschung der jeweiligen Insel, die Nahrungssuche, die Konfrontation mit anderen Gestrandeten oder Möglichkeiten, den Ort zu verlassen.
Jeder Inselfall ist konsequent zu Ende gedacht, egal ob es sich um den dramatischen Kampf eines Einzelnen ums Überleben, die surrealistische Situation Hunderter Kreuzfahrt-Passagiere auf einem winzigen Felsen oder groteske Passprobleme mit den Inselbehörden geht.

Mit viel Geschick gibt Lucien Deprijck jeder Kurzgeschichte eine eigene, passende Sprache und setzt melancholische Strandungen genauso überzeugend in Szene wie Komische oder Kafkaeske.
18 Schiffbrüchige, 18 Kurzgeschichten – dramatisch, melancholisch, witzig oder grotesk…und immer überzeugend. Zusammen mit Christian Schneiders Illustrationen ist Die Inseln, auf denen ich strande ein wahrer kleiner Schatz.

Zum Autor:
Lucien Deprijck (* 1960 in Köln) ist ein belgischer, deutschsprachiger Schriftsteller und Übersetzer. Er wurde 1960 in Köln geboren und ist in Deutschland aufgewachsen. Er studierte an der Universität zu Köln Germanistik, Anglistik und Philosophie. Für seine literarische Arbeit wählte er anstatt seines bürgerlichen Namens Depryck dessen ursprüngliche flämische Schreibweise Deprijck. Seit 2003 ist er Mitglied der Kölner Autorenwerkstatt. Er ist Autor von Romanen und Erzählungen sowie Übersetzer englischer und amerikanischer Literatur. Unter anderem übertrug er Texte von Mark Twain, Stephen Crane, Robert Louis Stevenson und Fanny Stevenson ins Deutsche. Er arbeitet als Dozent, Autor und Übersetzer in Köln.


Die Inseln, auf denen ich strande, Mit 18 farbigen, ganzseitigen Illustrationen, Mare Verlag, Hamburg, 28 Euro, Erschienen am 13. März 2012
ISBN 978-3-86648-171-8