Helmut Braune ist noch nicht jedermanns Begriff. Dies wird sich hoffentlich im Laufe der Zeit ändern. Auf diesem Blog werden in unregelmäßigen Abständen nun die Geschichten von Helmut Braune veröffentlicht. Mir gefallen sie. Vielleicht treffen sie auch euren Nerv.
Hier die erste Geschichte aus seiner Feder...
Der Löffel oder Wer sich die Suppe einbrockt, der darf
sie auch wieder auslöffeln
Der Euphorie folgt die Ernüchterung. Etwas mehr als 24
Stunden waren vergangen und ein schwarzes Loch tat sich auf, direkt vor meinen
Füßen. Die Idee war gut, doch nicht zu Ende gedacht. Geh nie nur von dir
alleine aus, füge deinen Überlegungen alle möglichen Eventualitäten hinzu,
seien sie noch so bizarr und unmöglich. Unmögliches wird möglich, wehren kann
man sich nicht dagegen. Es kommt wie es kommt und rollt, wenn es rollt.
Es macht mich schier rasend und wahnsinnig, dass das meine
Dienste in Anspruch nehmende Proletariat in ihren ölverschmierten Blaumännern
seinen moralischen und ethischen Pflichten nicht nachkam. Benutztes Geschirr
räumt man weg, stellt es in die dafür vorgesehenen und bereitstehenden
Geschirr-Sammelwagen. Und das Besteck sortiert man in die entsprechenden
Behälter. In meinem Speisesaal, vier an der Zahl. Das lernt man schon bei
Mutti. Meine Erziehungsmission hatte ich schon vor längerer Zeit et acta
gelegt. Die räumten ihren Scheiß einfach nicht weg. Was mich noch mehr auf die Palme brachte, war
die Tatsache, dass meine chow hall einem unerklärlichen Löffelschwund unterlag.
Löffel. Nicht Messer oder Gabeln, nein Löffel – Klein und groß in ihrer Form.
Das elektromagnetische Feld als mögliche Erklärung, schied aus. Monatlich
bestellte ich beim gastronomischen Großhändler meines Vertrauens 100 kleine und
100 große Löffel neu. Meinen Ruf hatte ich hier weg. Der Uri Geller der
Kraftwerkskantine. Ha, ha… zum totlachen.
Weshalb klauten die Gehaltsempfänger meine Löffel? Die
Antwort auf diese Frage bereitete mir so mach schlaflose Nacht. Jetzt
mal im Ernst. Die waren ja nicht mal aus purem Gold, geschweige denn versilbert.
Vor 24 Stunden hatte ich die Wahnsinns-Idee schlechthin. Ich
würde den Löffelklauern ein für alle Mal den Riegel vorschieben und dem Treiben
den garaus machen.
Und folgendes geschah vor 24 Stunden...
Ich packte alle auffindbaren Löffelbestände zusammen, klein
und groß, und verschaffte mir Zugang zur Proletenwerkstatt. Zugegeben war es
illegal, doch der Zweck heiligt alle Mittel. Akribisch und akkurat platzierte
ich den 6-Diamantbohrer auf jeweils 290 kleinen Laffen. Genau mittig, sauber
und fein. Den ganzen Vorgang wiederholte ich mit einem 8-Diamantbohrer und
bearbeitete 289 große Laffen. Ich machte mir darüber hinaus die Mühe, die
Löcher in den Laffen zu entgraten. So bin ich halt. Alles muss seine Richtigkeit
haben. Die Löffel, die leicht gewölbte Fläche, die es uns erlaubt, flüssige
Nahrung aufzunehmen, ohne zu schlürfen oder sich die Finger zu verbrennen, war
nun nutzlos. Nutzlos für den Klau. Welcher Idiot würde schon funktionsunfähige
Löffel mitnehmen.
Und nun, etwas mehr als 24 Stunden später tut sich ein
schwarzes Loch auf, direkt vor meinen Füßen. Die Idee war gut, doch nicht
zu Ende gedacht. Geh nie nur von dir alleine aus, füge deinen Überlegungen
alle möglichen Eventualitäten hinzu, seien sie noch so bizarr und unmöglich.
Unmögliches wird möglich, wehren kann man sich nicht dagegen. Es kommt wie es
kommt und rollt, wenn es rollt.
Die Löffel waren der Renner. Am Ende des Tage fand man
keinen einzigen, nein, keinen einzigen Löffel mehr in meiner chow hall. Die
Proleten stürzten sich auf sie, als gebe es kein Morgen. Ich hatte über Nacht
Stroh zu Gold gemacht, im übertragenen Sinne natürlich. Alulöffel hatte ich in
silberne Löffel verzaubert. Tja, und machen wir uns nichts vor. Silberlöffel sind zum
Klauen da.
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